Das versteckte Potenzial der frühkindlichen Reflexe

In der neuesten Folge des Endometriose Projekts hatte ich das Vergnügen, mit Bernhard Prechter über die INPP-Methode und ihre Bedeutung für unsere Gesundheit zu sprechen. Bernhard Prechter ist ein erfahrener Diplompädagoge und INPP-Therapeut. In diesem Blogbeitrag möchte ich die wichtigsten Erkenntnisse aus unserem Gespräch mit euch teilen und erläutern, wie INPP insbesondere für Endometriosebetroffene hilfreich sein kann.

Was ist INPP?

INPP steht für „Institute for Neurophysiological Psychology“. Die Methode wurde 1975 von Dr. Peter Blythe in England entwickelt und beschäftigt sich mit der neuromotorischen Entwicklungsförderung. Der Fokus liegt dabei auf der Integration frühkindlicher Reflexe, die, wenn sie nicht vollständig integriert sind, das Nervensystem und die gesamte Lebensqualität beeinflussen können.

Was sind frühkindliche Reflexe?

Frühkindliche Reflexe sind unwillkürliche Bewegungsmuster, die alle Kinder in den ersten Lebensmonaten durchlaufen. Ein bekanntes Beispiel ist der Greifreflex, bei dem Babys fest zupacken, wenn man einen Finger in ihre Hand legt. Diese Reflexe sollten sich im Laufe der Entwicklung integrieren und zu willkürlichen Bewegungen werden. Wenn diese Reflexe jedoch nicht vollständig integriert sind, können sie im späteren Leben Probleme verursachen.

Hier ein Beispiel des Greif-Reflexes bei Babies:

Wie beeinflussen uns nicht integrierte frühkindliche Reflexe im Alltag als Erwachsene?

Nicht integrierte frühkindliche Reflexe können zu verschiedenen Problemen führen:

  • Konzentrationsschwierigkeiten: Schwierigkeiten, sich über längere Zeiträume zu konzentrieren.
  • Erhöhte Schreckhaftigkeit: Überreaktionen auf plötzliche Geräusche oder Bewegungen.
  • Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben: Probleme mit der Feinmotorik und Koordination.
  • Gleichgewichtsprobleme: Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten.
  • Emotionale Herausforderungen: Erhöhte Ängstlichkeit oder Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen.

Dieser erhöhte Energieaufwand kann bis zu 30% der Gesamtenergie verbrauchen. Das heißt, im Ruhezustand steht dir unter Umständen 30% weniger Energie zur Verfügung! Diese ständige Belastung der Nebennieren und der Stressachse kann massive gesundheitliche Beschwerden zur Folge haben, wie Hormondysbalancen, Schilddrüsenprobleme, Erschöpfungszustände und Darmprobleme.

INPP und Endometriose: Ein lohnenswerter Ansatz

Für Menschen mit Endometriose kann die INPP-Methode besonders lohnenswert sein. Endometriose geht oft mit chronischen Schmerzen und einem hohen Stresslevel einher. Die INPP-Methode kann helfen, das Nervensystem zu beruhigen und die Stressresilienz zu erhöhen, was sich auch auf die Schmerzintensität auswirken kann. Durch die Integration der frühkindlichen Reflexe wird weniger Energie für Kompensation aufgewendet, was zu einer besseren Lebensqualität und mehr innerer Ruhe führen kann.

Da das Nervensystem über allem steht und in unserem Körper quasi der Oberboss ist, beeinflusst es massiv unsere Hormonbalance. Wenn also das Nervensystem ständig auf Alarmbereitschaft geschaltet ist, ist es praktisch unmöglich, die Hormone langfristig in Balance zu bringen und z.B. eine Östrogendominanz zu überwinden.

Im Interview habe ich meine persönlichen Fortschritte und Entwicklungsschritte erwähnt, die ich durch die INPP-Methode erlebt habe – hier eine ausführliche Liste:

  • Bessere Konfliktfähigkeit: Konflikte sind für mich nicht mehr unerträglich und ich kann meine Meinung besser vertreten.
  • Weniger emotionale Trigger: Ich bin weniger leicht emotional getriggert und kann besser bei mir bleiben.
  • Gesunde Wut: Ich habe gelernt, eine gesunde Form von Wut zu erleben, die mir hilft, Grenzen zu setzen und für mich einzustehen.
  • Verbesserung der Gleichgewichtsstörungen: Mein Gleichgewicht hat sich deutlich verbessert.
  • Bessere Hörverarbeitung: Ich habe weniger Probleme, Namen und Details am Telefon zu verstehen. Eine laute Geräuschkulisse stresst mich deutlich weniger.
  • Weniger Rechts-Links-Schwäche: Ich habe eine Verbesserung in meiner Orientierung und Koordination festgestellt.
  • Autofahren: Nach einem kleinen Unfall vor 7 Jahren bin ich über 6 Jahre lang nicht mehr Auto gefahren. Mit INPP konnte ich diese Angst überwinden und fühle mich nun auch als Beifahrerin deutlich wohler und entspannter.
  • Höhenangst: Meine Höhenangst hat sich massiv reduziert. Ich habe noch keine Situation erlebt, in der sie sich wieder gemeldet hat. Vielleicht ist sie komplett verschwunden?
  • Tollpatschigkeit und verbesserte Raumwahrnehmung: Ich stosse mich bei Weitem nicht mehr so häufig an Ecken und Kanten und habe nicht mehr so häufig blaue Flecken.
  • Belastbarkeit und Stressresilienz: Ich fühle mich im Allgemeinen deutlich belastbarer und bin bei Stress nicht mehr so emotional und nah am Wasser gebaut.
  • Verantwortungsbewusstsein: Ich kann unangenehme Aufgaben und Pflichten mit deutlich weniger innerem Widerstand angehen.
  • Gesunde Gewohnheiten: Das (erfolgreiche) Einführen von gesunden Gewohnheiten fällt mir deutlich leichter.
  • Belastungsasthma: Seit meiner Kindheit litt ich besonders bei Sporteinheiten im Freien unter Belastungsasthma. Seit ich die INPP-Übungen mache hatte ich keinen Asthmaanfall mehr.
  • Bessere Grenzwahrnehmung: Dadurch, dass ich präsenter bin und mich selbst besser wahrnehmen und spüren kann, spüre ich auch meine Grenzen und Bedürfnisse besser. Allein körperlich spüre ich besser, wo ich anfange und ende.
  • Geduldiger: Ich bin geduldiger geworden und das schätze ich als Mama einer einjährigen Tochter sehr! Im Umkehrschluss bin ich viel weniger geduldig und erdulde es nicht mehr lange, wenn man mich schlecht behandelt. Win-Win also!
  • Mehr Energie. Ich merke je länger je mehr, dass ich ganz viel Energie durch Kompensationsmechanismen verpufft habe, die mir jetzt für anderes zur Verfügung steht. Cool!

Eigentlich hatte ich die INPP-Therapie gestartet, um meine Hormone zu unterstützen und um die Methode kennen zu lernen, damit ich sie meinen Kundinnen empfehlen kann… Wie du siehst, sind es viele kleine Themen, die mir aber insgesamt massiv an Lebensqualität zurückgegeben haben.

Wie findet man einen passenden INPP-Therapeuten?

Bei der Suche nach einem passenden INPP-Therapeuten ist es wichtig, auf die Erfahrung und den Hintergrund des Therapeuten zu achten. Hier sind einige Tipps:

  • Webseite besuchen: Die offizielle INPP-Webseite bietet Informationen und Empfehlungen zu Therapeuten.
  • Erfahrung überprüfen: Schaut euch die Ausbildung und Erfahrung des Therapeuten an, insbesondere ob er/sie mit Erwachsenen arbeitet.
  • Referenzen und Bewertungen: Sucht nach Bewertungen und Referenzen, um sicherzustellen, dass der Therapeut gut zu euren Bedürfnissen passt.

Wie ist der Ablauf einer INPP-Therapie?

  1. Erstgespräch: Im ersten Gespräch werden die Anliegen und Probleme besprochen.
  2. Abklärung: Durch neurologische Standardtests werden Gleichgewicht, grobmotorische Koordination, frühkindliche Reflexe und Hörverarbeitung überprüft.
  3. Individuelles Übungsprogramm: Basierend auf den Ergebnissen wird ein maßgeschneidertes Übungsprogramm erstellt.
  4. Regelmäßige Übungen: Die Übungen müssen regelmäßig durchgeführt werden, um die Reflexe zu integrieren.
  5. Fortschrittsüberprüfung: In regelmäßigen Abständen werden die Fortschritte überprüft und das Übungsprogramm angepasst.

Fazit

Die INPP-Methode bietet einen innovativen und wirkungsvollen Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität, insbesondere für Endometriosebetroffene. Durch die Integration frühkindlicher Reflexe können viele gesundheitliche Probleme und Alltagsbelastungen reduziert werden. Wenn du unter Endometriose leidest und nach neuen Wegen suchst, deine Lebensqualität zu verbessern, kann die INPP-Methode eine spannende und effektive Möglichkeit sein.

Hört euch das Interview an und erfahrt mehr über diese faszinierende Methode und wie sie euer Leben positiv beeinflussen kann!

Hier kannst du dir die Podcastfolge anhören:

Und hier findest du mein Interview mit Bernhard Prechter auf Youtube:

https://youtu.be/CLjc5BhC2QQ

Hast du Erfahrungen mit INPP sammeln können? Ich freue mich über deinen Kommentar 🙂

Alles Liebe, Romina 🌟

Shownotes

Über Bernhard Prechter

Bernhard Prechter ist Diplompädagoge, systemischer Berater, INPP neuromotorischer Entwicklungsförderer und Somatic Experience Practitioner. Seit über 20 Jahren leitet er eine pädagogische Praxis mit Standorten in Thun und Thalwil und bietet Elterncoaching sowie psychosoziale Beratung an.

Du hast Interesse an INPP? Das ist der Ablauf: Nach einem ausführlichen Erstgespräch wird eine neurologische Abklärung durchgeführt, um festzustellen, welche Reflexe noch aktiv sind. Basierend auf diesen Ergebnissen wird ein individuelles Übungsprogramm erstellt, das kontinuierlich durchgeführt wird, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen.

Hier kannst du dir den Erwachsenen-Fragebogen downloaden und anschauen. Mit Hilfe diesen Fragebogens kannst du überprüfen, ob sich INPP für dich lohnen würde. Je mehr du im Fragebogen ja ankreuzt und dich wiedererkennst, desto mehr kann es sich lohnen, an den frühkindlichen Reflexen zu arbeiten.

Mehr Infos: https://paedagogische-praxis.ch/

Wenn du nach einem INPP-Therapeuten suchst, achte bei der Adressliste auf den Hinweis „Kinder & Erwachsene“:

INPP-Verband Schweiz: https://www.verband-inpp.ch/
INPP-Verband Deutschland: https://www.inpp.de/
INPP-Verband Österreich: https://inpp.info/

Weiterführende Infos findest du im von Herrn Prechter empfohlenen Buch: Greifen und Begreifen

Nur Mut! Das kleine Überlebensbuch

Romina Scalco

Ich bin ganzheitlicher Endometriose-Coach und ich brenne dafür, Frauen mit Endometriose zu mehr Wohlbefinden und Lebensqualität zu verhelfen! Denn auch ich bin eine Betroffene und weiss daher ganz genau, wie es ist, daran zu leiden. Aber: Wir können etwas tun!

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